God Exists, Her Name ist Petrunya

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Sie beharrt auf ihre «Errungenschaft»: ein Kruxifix. Petrunya (Zorica Nusheva) bricht ein Tabu, wird verfolgt, angeprangert, bedroht. (Trigon Film)



Ein Kreuz mit den Männern!


Frauen können störrisch sein und selbstgerechte Männer nerven. Darf man überhaupt die «ketzerische» Frage stellen: Was wäre, wenn Gott eine Frau wäre? Wenn die männliche Selbstherrlichkeit, männliche Diktate, wenn Traditionen in Frage gestellt würden? Im Osten Mazedonien ereignete sich 2014 folgendes: Beim traditionellen Kreuzwerfen im Rahmen einer Dreikönigsprozession bekam eine junge Frau das Kruzifix in die Finger und beanspruchte es für sich. Gegen alle Regeln, denn nur Männern ist dieses Kreuz vorbehalten. Frauen dürfen sich nicht aktiv beteiligen und werden nur als Publikum geduldet. Eine Freveltat.

Regisseurin Teona Strugar Mitevska aus Skopje, Mazedonien, verarbeitete den Vorfall in ihrem Spielfilm «God Exists, Her Name Is Petrunya». Ein trister Ort, dieses Kaff Stip im Osten Mazedoniens. Trostlos auch für die 31jährige Petrunya (Zorica Nusheva), die bei ihren Eltern lebt und sich vergeblich um einen Job in einer der Textilfabriken bemüht, vom Chef betatscht, erniedrigt und als ungeeignet taxiert wird – auch fürs Bett. Eher zufällig wird sie Zeugin des traditionellen Kreuzwerfens. Es ist Januar. Intuitiv, ohne sich weitere Gedanken zu machen, springt Petrunya ins eiskalte Flusswasser und fischt das Kruzifix heraus. Unerhört. Die Männer sind erbost, denn nur sie dürfen die Trophäe erobern. Doch die junge Frau ist starrköpfig, will ihre «Errungenschaft» nicht rausrücken. Der Frevelfall eskaliert, ruft Popen und Polizei auf den Plan. Petrunya wird einvernommen, unter Druck gesetzt, vom Männermob bedroht. Nur die Fernsehreporterin Slavica (Labina Mitevska), die das unerhörte Ereignis publik macht, und ein junger Polizist (Stefan Vujisic) stehen auf ihrer Seite und haben Verständnis.

Petrunya, diese junge gebeutelte Frau, wächst an ihrem Kreuz, beweist Rückgrat, lässt sich auch unter grossem Druck nicht verbiegen. Stoisch und stolz erträgt sie Verunglimpfungen, Drohungen, stellt Fragen nach Recht und Regeln, nach der Vernetzung von Polizei und Popen, protestiert gegen zementierte Kirchentraditionen, die eben nicht von Gott gegeben, sondern von Menschen gemacht wurden.

Die Schauspielerin Zorica Nusheva ist eine Wucht, der Film eine Offenbarung. Er beschreibt ernsthaft-ironisch verknöcherte Staatsstrukturen, eine repressive Männergesellschaft und ungebrochene Frauenfeindlichkeit, aber auch die Macht der Medien, wenn sie nicht zensuriert oder gemassregelt werden. Ein starkes filmisches Ausrufezeichen! An der Berlinale 2019 erhielt das Gesellschaftsdrama den Preis der Ökumenischen Jury und den Gilde Filmpreis.
                                                                               

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Mazedonien 2019
100 Minuten

Regie: Teona Strugar Mitevska
Buch: Mitevska, Elmar Tarargic
Kamera: Virginie Saint Martin

Mitwirkende: Zorica Nusheva, Labina Mitevska, Simeon Moni Damevsk, Suad Begovski, Stefan Vujisic


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