Death on the Nile

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Die «kleinen grauen Zellen» laufen wieder auf Hochtouren: Meisterdetektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh) ist nicht zum Vergnügen auf Nil-Kreuzfahrt, denn Gastgeberin Linnet Ridgeway (Gal Gadot) ist gefährdet. (Disney)



Mörderische Gesellschaft auf dem Nil

Agatha Christie und ihre Krimistoffe sind unverwüstlich. 1978 verfilmte John Guillermin ihren Roman aus dem Jahr 1937: «Death on the Nile – Tod auf dem Nil», dazumal mit einem unvergleichlich distinguierten Peter Ustinov als Meisterdetektiv Hercule Poirot – charmant, ironisch, spitzbübisch. Wiedersehen macht Freude. Kenneth Branagh hat an Christies Superhirn, dem Mann mit den kleinen grauen Zellen, wohl einen Narren gefressen. Nach dem «Mord im Orient Express» 2017 spürt er nun dem «Tod auf dem Nil» nach.

Vorweg gibt es dazu eine Vorgeschichte. Wie kam Poirot wohl zu seinem voluminösen Schnurrbart? Er war 1914 in Belgien im Fronteinsatz und erlitt in heldenhafter Aktion schwere Verletzungen. Sein Gesicht wurde ramponiert. Diese Verunstaltung wurde durch einen Schnurbart «getarnt». In den Dreissigerjahren nimmt Poirot, längst als einer der grössten Privatdetektive seiner Zeit bekannt, an der Hochzeit der steinreichen Linnet Ridgeway Doyle (Gal Gadot) teil. Ihr Bräutigam ist Simon (Armie Hammer), ein Charmebolzen, der aber nichts auf der hohen Kante und seine Liebschaft mit Jacqueline «Jackie» de Bellefort (Emma Mackey) abgebrochen hat. Geld ist scheinbar stärker als die Liebe.

Man schreibt das Jahr 1937. Eine illustre Gesellschaft begibt sich auf Einladung des Hochzeitspaars auf Nil-Kreuzfahrt – von den Pyramiden nach Assuan und den Tempeln von Abu Simpel. Gentleman Poirot ist ebenfalls Passagier, von der Gastgeberin Linnet engagiert, um sich auf dem Raddampfer «Karnak» umzusehen und die Gesellschaft zu beobachten. Denn sie fürchtet um ihre Sicherheit und kann sich nur mit Mühe die eifersüchtige Jackie vom Halse halten. Es kommt, wie es kommen muss (nach 70 Kinominuten): Linnet wird tot aufgefunden, später werden das Dienstmädchen Louise (Rose Leslie) und ein weiterer Zeuge ermordet.

Poirots Gehirnzellen laufen auf Hochtouren. Doch der Meister macht Fehler, bis er in bewährter Agatha Christie-Manier vor den versammelten Verdächtigen den Fall beziehungsweise die Fälle löst. Im Fokus stehen die rachsüchtige Jackie, die Autorin Salome Otterbourne (Sophie Okonedo), Dr. Bessner (Jack Warden), Marie Van Schuyler (Jennifer Saunders) und deren Gesellschafterin Mrs Bowers (Maggie Smith), Treuhänder Andrew (Ali Fazal) oder Euphemia (Annette Bening). Auch der angeschossene Simon und selbst Poirots Freund Bouc (Tom Bateman) sind verdächtig. Alle hätten Gründe, ein Hühnchen mit der Gastgeberin zu rupfen.

Selbstgefällig bis hochnäsig, immer Gentleman und eiskalter Schnüffler –Kenneth Branagh gefällt sich als Poirot, bisweilen zu aufdringlich und nahe an einer Parodie. Nach bekanntem Muster veranstaltet der Regisseur ein mörderisches Kammerspiel an Bord der «Karnak», eingerahmt von einem Prolog und Epilog in London, aufgeheizt durch einen Landausflug in Abu Simpel. Das ist malerisch und schön anzusehen wie ein Ferienprospekt. Kulissenbauer haben ganze Arbeit geleistet, denn im Gegensatz zum Vorgänger von 1978 wurde nicht an Originalschauplätzen, sondern in Marokko und Ägypten (Aussenaufnahmen) sowie in Studios gedreht. Das tut dem Gesellschaftskrimi keinen Abbruch. Man unterhält sich ganz gemütlich – gediegen «old fashioned».


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USA 2022
127 Minuten

Regie: Kenneth Branagh
Buch: Michael Green
Kamera: Hans Zambarloukos

Ensemble: Kenneth Branagh, Gal Gadot, Annette Bening, Arnie Hammer, Letitia Wright, Tom Bateman, Emma Mackey, Rose Leslie, Sophie Okonedo, Ali Fazal


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