70 Jahre danach: Die Zeit hat deutliche Spuren an den Corbusier-Bauten in Chandigarh hinterlassen. (Cineworx) Ende einer Vision: Der Zahn der Zeit hat an Corbusiers «Gesamtkunstwerk» kräftig genagt. (Cineworx)
Le Corbusiers Stadtwerk:
Aussen- statt Innenblick
Die beiden Dokumentarfilmer Karin Bucher und Thomas Karrer («Zwischenwelten», ein Film über Geistheiler) haben die indische Stadt Chandigarh für sich entdeckt. Ein städtisches Projekt, das der Schweizer Architekt und Stadtplaner Charles-Edouard Jeanneret-Gris, bekannt als Le Corbusier, geplant hatte – von Paris aus. Die Stadt war für 500’000 Einwohner vorgesehen. Die Grundsteinlegung erfolgte 1952 (1. Bauphase). Le Corbusier stirbt 1965 in Frankreich. 1991 wird die 3. Bauphase eröffnet. 2023 leben 1,4 Millionen Menschen in dieser Stadt, die für die Zukunft gebaut wurde.
Das sind nur wenige spärliche Fakten zu Chandigarh, die freilich im Dokumentarfilm nicht stattfinden. «Als Filmemacher interessiert uns, wie städtische und gesellschaftliche Visionen aus der Moderne Realität geworden sind und wie sie sich im Verlauf der Geschichte entwickelt haben», erklären die beiden Filmer im Pressedossier. «Wir entdecken die Stadt in einer Zeit, in der die Welt im Umbruch steht und nach neuen Ideen sucht.»
Und so kommen die Direktorin des «Le Corbusier Centre», Deepika Gandhi, der Präsident der Kunstakademie in Chandigarh, Diwãn Mãnnã der Architekt Siddhartha Wig, und der Stadtaktivist G. S. Channi zu Wort. Ein paar Bewohner, Künstler, Advokaten kommen auch vor. Dennoch bleiben die vermeintlichen Innensichten beiläufige Statements und Beiwerk. Vom Innenleben in dieser gigantischen Stadt erfährt man herzlich wenig und über Indien schon gar nicht. Eine Dokumentation aus europäischer Sicht? Enttäuschend. Chandigarh bleibt ein monströses Bauwerk, an dem der Zahn der Zeit nagt. Das Zusammenleben in diesem Koloss, Kosten und Mieten, Alltagsgegebenheiten und sozialen Verhältnisse sind in diesem Dokumentarfilm kein Thema. Der Titel «Kraft der Utopie – Leben mit Le Corbusier in Chandigarh» verspricht vieles und erfüllt nur wenige Erwartungen.
Schweiz 2023
84 Minuten
Buch, Kamera und Regie: Karin Bucher und Thomas Karrer
Mitwirkende: G.S. Channi, Deepika Gandhi, Diwãn Mãnnã, Siddhartha Wig
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