Hirtenreise ins dritte Jahrtausend

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Eins mit Tier und Natur: Hirten nehmen Verzicht und Unbequemlichkeiten in Kauf, um ihre Lebenshaltung zu leben. (Langjahr-Film)



Hegen und Hüten


Er ist vom 15. November bis 15. März mit seinen Schafen unterwegs – je nach Witterung. Thomas Landis-Giacometti und seine Helfer, sprich drei Hunde plus zwei Esel, dirigieren, begleiten und betreuen, kurzum hüten eine Herde von rund 400 Schafen im Luzerner Mittelland. Ein harter, entbehrungsreicher Job. Dem Hirten ist es recht, er mag das Nomadenleben in der Natur, gerade mit dem Nötigsten ausgerüstet – mit Zelt, Decken, Stroh und Kochgeschirr. Sommertags ist auch die Familie dabei, seine Frau Susanna und die Kinder Antonia, Josa und Selina. Ein anderer, Michael Cadenazzi, zieht mit seiner Herde über Tessiner Alpen im Sommer. Seine Partnerin Bea Ammann unterstützt ihn. Hirten sind rar gesät in unseren Breiten.

Wir werden Augenzeugen, wie Geissböcke balzen, Schäfchen geboren werden, Schafe geschoren, aussortiert und verladen werden. Nein, Bilder vom Schlachthof gibt es nicht. Erich Langjahr konzentriert sich aufs Hirtenleben, lässt sich Zeit, gibt Natur und Landschaften Raum. Er hat über Jahre und Jahreszeiten (1994 bis 2001) die erwähnten Wanderhirten begleitet, beobachtet, lässt die Bilder für sich sprechen – ohne Kommentar. Er zeigt, dass diese Lebensart von Natur und Tier bestimmt ist – alles andere denn eine Idylle, sondern harte Arbeit.

Der Dokumentarfilm, frisch restauriert und digitalisiert, hat bereits eine lang Festival- und Kinoreise hinter sich, wurde mit der Goldenen Taube 2002 in Leipzig und mit dem Schweizer Filmpreis 2003 ausgezeichnet. Mit dieser Arbeit schloss der Innerschweizer seine Bauerntrilogie ab, nach «Sennen-Ballade» und «Bauernkrieg». Das Hirtentum sei eine der ältesten Kulturformen, heisst es. In der Bibel gibt es dazu zahlreiche Beispiele von Abraham bis zur Weihnachtsgeschichte. Hirten heute – alles andere als zeitgemäss, scheint es, irgendwie aus der Zeit gefallen. Gleichwohl weist Langjahrs Hirtenreise auf eine elementare Lebenshaltung hin, stösst Fragen nach Freiheit, Verantwortung, sinnvoller Handarbeit und dem Lauf der Zeit an. Ein karger, doch auch reicher Film von Gelassenheit und Hingabe geprägt – geradezu meditativ. Gern wüsste man, was aus den Hirten und ihren Familie geworden ist, sind sie immer noch unterwegs ...?


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Schweiz 2002
124 Minuten
 
Buch, Kamera und Regie: Erich Langjahr

Mitwirkende: Familie Thomas und Susanna Landis-Giacometti, Michel Cadenazzi, Bea Ammann


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