Evil Does Not Exist

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Auf Du und Du mit der Natur: Waldkenner Takumi (Hitoshi Omina) erklärt seiner Tochter Hana (Ryo Nishikawa) Fauna und Tierwelt. (Prosa Film/Cineworx)



Der Wald fordert Tribut


Er kennt Baum und Strauch, Tiere und ihre Gewohnheiten. Takumi (Hitosho Omina) ist ein echter Waldkenner und -schützer. Geduldig macht er seine Tochter Hana (Ryo Nishikawa) mit dem Wald und seinen Bewohnern vertraut. Er ist sozusagen «Best Boy» der Natur, Waldhüter und Versteher. Er lebt mit seiner Tochter in einem Waldhaus im Dorf Mizubiki gut zwei Autostunden von Tokio entfernt. Das beschauliche Leben wird gestört, als zwei Städter das Dorf heimsuchen. Sie sind beauftragt, ein Grossprojekt schmackhaft zu machen. Hier am Busen der Natur soll ein Luxusferienresort entstehen, ein sogenanntes Glamping, bedeutet «glamouröses Campen». Die arg ahnungslosen Agentur-Beauftragten aus Tokio, Takahashi (Ryuji Kosaka) und Mayuzumi (Ayaka Shibutani) stossen auf Widerstand der Dörfler mit Waldhüter Takumi an der Spitze. Denn die Menschen wollen von den beiden wissen, wie es um den Umweltschutz und um drohende Verschmutzungen, etwa bei der Entsorgung der Abwässer, steht. Die Projekt-Botschafter sind überfordert, reisen zurück zu ihren Auftraggebern, stossen dort aber auf keinerlei Verständnis. Man wiegelt ab und will die Bewohner ins Projekt integrieren, heisst Jobs anbieten. Derweil ist das Dorf in Aufruhr. Takumis Tochter ist verschwunden. Hat sie sich verirrt, ist sie Opfer der Wildtiere geworden? Die Frage bleibt offen. Vage Zeichen deuten darauf hin, dass Eingriffe der Menschen in die Natur nicht folgenlos bleiben.

In der Geschichte um ein Ferienprojekt grösseren Stils spiegelt sich ein gesellschaftliches Problem zwischen Stadt und Land wider: Die Städte dehnen sich aus, «kolonisieren» quasi Landstriche für ihre Bedürfnisse, sei es Freizeit, Sport oder Erholung betreffend, aber auch was Entsorgung (Müll) und Verschmutzung angeht. Die Natur wird ausgebeutet – mit Folgen. Regisseur Ryusuke Hamaguchi («Drive My Car», mit dem Oscar ausgezeichnet) versteht seinen Spielfilm nicht als «explizites Manifest» für den Umweltschutz. Vielmehr handelt er von der immer grösser werdenden Differenz zwischen Mensch und Natur sowie innerhalb der Gesellschaft», so der Filmautor. «Evil Does Not Exist» ist ein betörender, auch verstörender Film, der gern mal ins Mystische driftet. Er hat etwas Faszinierendes und Rätselhaftes, wie auch der Titel. Das Böse (Evil) schwingt mit. Dazu Hamaguchi: «Ich kann nicht sagen, ob das Böse existiert oder nicht.» Sein Film schliesst diesen Gedanken, Ausbeutung und Zerstörung der Natur, freilich nicht aus. Wie auch den beiden städtischen Managern könnten die Begebenheiten und Begegnungen den Zuschauern die Augen aufgehen und sie nachdenklich stimmen.


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Japan 2023
106 Minuten

Buch und Regie: Ryusuke Hamaguchi
Kamera: Yoshio Kitagawa

Schauspieler: Hitoshi Omina, Ryo Nishikawa, Ryuji Kosaka, Ayaka Shibutani


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