A Haunting in Venice

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Gespenstisch: Meisterdetektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh) soll dem Medium Joyce (Michelle Yeoh) auf die Schliche kommen. (Disney)



Die grauen Zellen sind nicht ergraut


Nachkriegszeit. Hercule Poirot hat sich 1947 nach Venedig zurückgezogen, will seine Ruhe haben. Der Dandy mit den «kleinen grauen Zellen» hat genug von Mord und Totschlag. Doch er hat die Rechnung ohne die befreundete Schriftstellerin Ariadne Oliver (Tina Fey) gemacht, denn die überredet Poirot zu einer Halloween-Party in einem düsteren Palazzo. Gastgeberin ist die Opernsängerin Rowena Drake (Kelly Reilly). Hier soll im Laufe des Abends eine Séance stattfinden. Das Medium Joyce Reynolds (Michelle Yeoh) gibt vor, Verbindung mit Toten aufnehmen zu können. In diesem Fall geht es um Rowenas verstorbene Tochter Alicia.

Meisterdetektiv ausser Diensten, Hercule Poirot, soll den Spuk aufklären, einen vermutlichen Betrug aufdecken, wobei die Gehilfen des Mediums, Desdemona (Emma Laird) und Nicholas Holland (Ali Khan), eine «tragende Rolle» spielen. Eine gespenstische Stimmung herrscht in dem alten Herrschaftshaus. Die Seelen tote Kinder geistern scheinbar umher. Spürnase Poirot überlebt einen Mordanschlag und wird dann mit einer Toten konfrontiert: Medium Joyce stürzt von der Loggia und wird aufgespiesst. Die «kleine grauen Zellen» laufen auf Hochtouren. Denn der Kreis der Verdächtigen ist gross – von der Haushälterin Olga bis zum Hausarzt Leslie Ferrier und dessen Sohn Leopold, nicht zuletzt sind auch Maxime, Verlobter der toten Alicia, die beiden Hollands und Gastgeberin Rowena verdächtig.

Man weiss, der Vernunftmensch Poirot lässt sich vom Spuk nicht täuschen, auch wenn er den Geistern einen gewissen Respekt zollt. Millionen Leser kennen ihn: Der belgische Snob mit dem auffälligen Schnauz geistert in 33 Romanen der Autorin Agatha Christie (1890 – 1976). «Die Schneewittchen-Party» (Halloween Party, 1969) ist der 60. Kriminalroman Christies. Hier hatte Poirot seinen 31. Auftritt. Regisseur Kenneth Branagh und sein Autor Michael Green nahmen sich bei der Verfilmung gewisse Freiheiten, was Handlung und Schauplatz angeht. Die Halloween-Party spielte ursprünglich im ländlichen Woodleigh Common, es drehte sich um das makabre Spiel «Apfelschnappen». Aber das tut hier nichts zur Sache. 

Kenneth Branagh als Regisseur und Poirot bestens erprobt beim «Mord im Orient Express» (2017) und «Tod auf dem Nil» (2022) gefällt sich als Snob mit Schnauz und Hirn, eitel, aber nicht unsympathisch. Man mag Peter Ustinov («Das Böse unter der Somme»,1982, «Mord à la Carte», 1985 oder «Tod auf dem Nil», 1978) ein wenig nachtrauern, Branagh ist zwar weniger verschmitzt intelligent, aber auch er hat seinen Reiz. «Der Spuk in Venedig» spielt mit Horror-Motiven, bleibt aber im Kern ein Kammerspiel der bewährten Christie-Art.


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USA 2023
103 Minuten

Regie: Kenneth Branagh
Buch: Michael Green
Kamera: Haris Zambarloukos

Darsteller: Kenneth Branagh, Tina Fey, Kelly Reilly, Michelle Yeoh, Riccardo Scamarcio, Jamie Dornan, Jude Hill, Emma Laird, Ali Khan


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