Under the Tree – Undir trénu

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Familienzwist und Nachbarschaftskrieg: Atli, von seiner Frau wegen Untreue rausgeschmissen und von der Tochter getrennt (Bild), gerät vom Regen in die Traufe. Ein Baum löst eine Spirale der Gewalt aus. (Praesens-Film)



Nachbarschaftskrieg


Das kann jedem passieren. Die «lieben» Nachbarn entpuppen sich als nervige Nörgler, Streithähne und Störenfriede, die das Leben unter einem Dach, diesseits oder jenseits der Hecke oder des Zauns vergiften können. Das Wort von Friedrich Schiller in «Wilhelm Tell» hat auch heute noch seine Gültigkeit: «Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.» Und genau drum geht's im bitterbösen Drama aus Island: «Under the Tree». Der Filmer aus Reykjavik, Hafsteinn Gunnar Sigurðsson, beschreibt, wie ein Riesenbaum, der zuviel Schatten wirft, zum Ärgernis wird und eine Lawine von Gewalttätigkeit lostritt. Es herrscht Kleinkrieg, nicht nur zwischen Nachbarn, sondern auch zwischen Atli (SteinÞór Hróar SteinÞórsson) und seiner Frau Agnes, die ihn rausgeschmissen hat und seine Tochter vorenthält. Looser Atli versucht, bei seinen Eltern Inca (Edda Björgvinsdóttir) und Baldvin (Sigurður Sigurjónsson) Unterschlupf zu finden, aber die haben eben Zoff mit den Nachbarn. Der Konflikt eskaliert. Eine Katze verschwindet, dann der Hund der anderen Partei. Während die Katze irgendwann wieder auftaucht, endet der unschuldige Hund als ausgestopftes Exemplar. Aber es müssen noch mehr dran glauben, in diesem Endzeit-Drama.

Das Talent Sigurðsson (den das Fachblatt «Variety» 2012 zu den zehn europäischen Filmregisseuren zählte, die im Auge zu behalten sind) hat auf spröde isländische Art einen alltäglichen Konflikt beschrieben. Fast beiläufig. Doch die giftigen Wortwechsel zwischen den Nachbarn schlagen in die Tat um, wobei sich besonders Atlis Mutter Inga als boshaftes Weib entpuppt und gegen die blonde «Fahrrad-Schlampe» Eybjörg (Selma Björnsdóttir) wütet. Der Streit wird zum Thriller und artet zum Drama von Shakespear'scher Gewalt aus.

Wenn man so will: Eine Parabel auf unserer Zeit, mit nationalem wie globalem Konfliktpotenzial. Sigurðssons Kommentar: «Es liegen in unserer Zeit ein paar fürchterliche Sachen in der Luft, und ich glaube, wir haben einen Punkt erreicht, wo ernsthafte Bedrohungen die Existenz unseres Planeten gefährdet. Sehen wir auf das wichtigste, grösste Ereignis unserer Zeit, dann geht es exakt um den Klimawandel. Die ganze Welt müsste sich zusammensetzen und einen sicheren Weg des Lebens finden und gehen. Aber es scheint, dass wir dazu nicht in der Lage sind.» Man möchte ergänzen: Wenn schon der Konflikt um einen Baum und dessen Schatten zwischen Nachbarn zum Krieg eskaliert, wohin führt das erst bei Problemen zwischen den Völkern?


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Island 2017  
89 Minuten

Regie: Hafsteinn Gunnar Sigurðsson
Drehbuch: Huldar Breiðfjörð, Hafsteinn Gunnar Sigurðsson
Kamera: Monika Lenczewska

Darsteller: Steinþór Hróar Steinþórsson, Edda Björgvinsdóttir, Sigurður Sigurjónsson


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