Push – Für das Grundrecht auf Wohnen


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Wohnraum ist zum Anlage- und Spekulationsobjekt und so in vielen Grossstädten zum Problem geworden. Viele können sich den angebotenen überteuerten Wohnraum nicht mehr leisten.  «Wohnen ist ein Menschenrecht, keine Handelsware» manifestiert Leilani Farha (Bild oben), UNO-Sonderberichterstatterin für das Recht auf angemessenes Wohnen. (Frenetic Films)



Verteuern, vertreiben, verdienen


Wohnen ist zum Problem geworden. Es hat sich besonders in Grossstädten verschärft. Viele Wohnungen, luxussaniert, stehen leer. Das Problem nimmt in einigen Städten wie in Berlin oder London drastische und dramatische Formen an. Die Mieten steigen mit jedem Verkauf, mit jeder «Sanierung». Leilani Farha ist UNO-Sonderberichterstatterin für angemessenes Wohnen. Sie bereist die Welt, um die Mietpreisentwicklungen, Wohnsituationen und -krisen zu beobachten und die Gründe dafür festzuhalten. Menschen werden aus ihren Wohnungen gepusht – von Berlin und London, bis New York, Toronto, Tokio oder Bangkok. Auch Zürich und die Schweiz sind davon betroffen, im Dokumentarfilm «Push«», ist die Schweiz direkt jedoch kein Thema.

Der schwedische Filmer Fredrik Gertten hat Leilani Farha begleitet, Wohnsituationen dokumentiert, Stimmen gesammelt. Die Soziologin Saskia Sassen von der Columbia University beispielsweise erklärt «Global Cities» und weshalb leerstehende Wohnungen lukrativer und profitable sein können. Autor Roberto Saviano («Gomorrha») schildert, wie sich in Steueroasen der kriminelle und legale Kapitalismus treffen und geschäften. Die Mietpreise steigen weltweit. Wohnimmobilien sind Anlage- und Spekulationsobjekte, sind Ware geworden, die auf Nutzer und soziale Bedürfnisse keine Rücksicht nehmen. Die UNO-Beauftragte stellt zutreffend fest: «Ich glaube, es gibt einen riesigen Unterschied zwischen Wohnen als Handelsware und Gold als Handelsware. Gold ist kein Menschenrecht, wohnen schon.»

Global Player wie Blackstone und seine Hedgefonds kaufen Gebäudekomplexe und Quartiere auf, um sie gewinnbringend zu sanieren oder weiterzuverkaufen. Der Immobilienmarkt ist überteuert, was viele urbane Zentren betrifft. Joseph Stiglitz, Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger erklärt, wie Beteiligungsgesellschaften infolge Finanzkrisen profitiert haben und zu den grössten Vermietern der Welt gewachsen sind. Rendite ist alles – nach dem Motto «Sanieren und profitieren». Leidtragende sind Mieter, die sich solche massiven Mietsteigerungen nicht mehr leisten können. Ihnen wird quasi das Dach überm Kopf weggezogen. In diesem grossen globalen Spiel steckt auch Schweizer Geld, beispielsweise von diversen Pensionskassen. Das wäre einen weitere Filmrecherche wert.

Die hochaktuelle Dokumentation «Push» klärt auf und mahnt, ohne in Polemiken zu verfallen. Sie zeigt auch ein positives Beispiel, wie man mit leerstehendem Wohnraum umgehen kann. Bürgermeisterin Ada Colau und Barcelona büssen Firmen, die Häuser leer stehen lassen, und kauft selber Häuser, um sie Mietern zu angemessenen Preisen zur Verfügung zu stellen.


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Schweden 2019  
92 Minuten

Buch und Regie: Fredrik Gertten
Kamera: Janice d'Avilam, Iris Ng 

Mitwirkende: Leilani Farha, UNO-Sonderbeauftragte; Roberto Saviano, Autor; Saskia Sassen, Soziologin; Joseph Stiglitz, Wirtschaftswissenschaftler


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