L'Ordre des Médecins

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Auf verlorenem Posten: Der Lungenarzt Simon (Jérémie Renier) kann seiner totkranken Mutter (Marthe Keller) nicht helfen. (cineworx)



Zwischen Leben und Tod


Vor einem Jahre feierte das Spielfilmdebüt «L'Ordre des Médicins» des Parisers David Roux auf der Piazza Grande Premiere. Jetzt hat es das Spitaldrama in die Kinos geschafft. Inspiriert wurde Roux von seinem Bruder, einem Arzt, und seiner Mutter, die in kritischem Zustand ins Spital eingeliefert worden war. So entwickelte sich ein intimer, sehr persönlicher Film über Spitalalltag, krebskranke Patienten und einen jungen Arzt, der mit dem Sterben seiner Mutter konfrontiert wird, selber aber nicht helfen kann.

Simon (Jérémie Renier) ist Lungenarzt, engagiert und mit viel Herz versieht er seinen Job, bemüht sich liebevoll um seine Patienten. Doch als seine krebskranke Mutter Mathilde (Marthe Keller) eingeliefert wird, gerät sein Berufsselbstverständnis ins Wanken. Denn all seine Erfahrungen, sein Wissen, sein Einsatz sind vergebens, laufen ins Leere. Er überschreitet Kompetenzgrenzen, seine Aktionen führen nicht weiter, er fühlt sich ohnmächtig, machtlos, verloren. «Es ist eine Glaubenskrise, womit Simon konfrontiert wird», meint Autor und Regisseur Roux. «Er hat sein ganzes Leben der Medizin geopfert und erkennt plötzlich, dass sie nicht alles kann.»

Sehr realistisch und intim taucht Roux in die Spitalwelt ein (der Film spielt sich überwiegend in diesem Bereich ab). Hier die kühle medizinische Szenerie mit ihren Klinikstrukturen, Gängen, Neonröhren und Krankenzimmern, dort die Menschen mit ihren Sorgen, Ängsten, Zweifeln, der Technokratie, den Ärzten und Personal ausgeliefert.

Simons Mutter (bemerkenswert und überzeugend Marthe Keller) nimmt ihr Schicksal gelassen an, bleibt trotz allem vital, sucht Trost in ihrem Glauben, ihrer Kultur. Eindrücklich ist die Szene, als ein jiddischer Chor an ihrem Spitalbett auftritt. Und der Regisseur gesteht: «Da hat sich meine eigene Geschichte in den Film geschlichen… Die Vergangenheit, die Gegenwart, das Leben, der Tod, alles vermischt sich in diesen Gesängen… Wie eine Feier des Lebens, das ohne Tod nicht denkbar ist, das war das Ding meiner Mutter, die Verbindung zwischen dem Leben und dem Tod.»

Der Sohn und Mediziner ist erschüttert, im Gegensatz zu seiner Mutter, die mit ihrem Leben abgeschlossen hat. Ein schwerer Lernprozess für den engagierten Mediziner. «L'Ordre des Médecins» wirkt wie ein Kammerspiel über Leben und Tod. Eine besinnliche Begegnung, tragisch und doch auch tröstlich.


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Frankreich 2018  
93 Minuten

Buch und Regie: David Roux
Kamera: Augustin Barbaroux

Darsteller: Jérémie Renier, Marthe Keller, Zita Hanrot, Alain Libolt


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