Rebellisch: Im Waisenhaus Sant’Ignazio bei Venedig scharen sich Waisenmädchen um die Magd Teresa (Galatéa Bellugi) und proben den Aufstand. (Filmcoopi)
Musikalische Rebellion
Sant‘ Ignazio, ein Waisenhaus und Musikinstitut in der Nähe von Venedig um 1800. Kinder und junge Frauen leben hier wie in einem Kloster. Licht in den eher trüben Alltag bringt die Musik. Der alte, leicht vertrottelte, aber herrische Maestro Perlina (Paoli Rossi) leitet Jugendorchester und Chor. Nun soll er anlässlich des Besuches des neuen Papstes ein Werk komponieren und aufführen. Allein ihm fehlen Geist und Inspiration. Eine besonders musikalisch begabte Mädchenclique bietet ihm quasi Hilfe an, doch der Alte bockt, fühlt sich in seiner Musikehre gekränkt.
Doch die Mädchen, angeführt von Lucia (Carlotta Gamba), einer begabten Violinistin, lassen nicht locker. Bettina (Veronica Lucchesi), Marietta (Maria Vittoria Dallasta) und Prudenza (Sara Mafodda) finden in der Magd Teresa (Galatéa Bellugi) eine Verbündete. Sie betreut Kinder und ist als Hilfskraft im Waisenhaus angestellt. Von Lucia anfangs abgelehnt, dann aber akzeptiert wird die vermeintlich «stumme» Teresa zur Motivationskraft. Sie hat im Keller ein Pianoforte (Klavier) entdeckt und behändigt es wie selbstverständlich. Gemeinsam tobt sich die Musikgemeinschaft aus, entwickelt eine eigene Musik, nimmt quasi Jazz, Reggae und Folk vorweg. Sozusagen eine Hommage an entfesselte weibliche Kreativität.
Ihre Stunde schlägt, als der Maestro versagt. Beim Papstbesuch setzt die Mädchenclique den unliebsamen Pelina schachmatt und reisst das musikalische Steuer an sich. Eine gesellschaftliche und musikalische Unerhörtheit und Unverschämtheit. Die jungen Frauen spielen sich frei – in einer Zeit, die dafür noch nicht reif ist.
Margherita Vicario, Popsängerin und Regisseurin, feiert in ihrer musikalischen rebellischen Performance die Kraft und Verbundenheit der Musik. Ihre beherzte Hommage an Frauen und Emanzipation ist heiter schelmisch, aber auch durchaus sozialkritisch – ein bisschen Schmalz und Märchen darf auch sein ebenso wie ein bisschen Tristesse und Tragik.
«Gloria!» hat nichts zu tun mit Filmwerken wie «Gloria – das Leben wartet nicht» von 2018 mit Julianne Moore und John Turturro oder dem chilenischen Spielfilm «Gloria» von 2013, auch nichts mit dem bekannten Umberto-Tozzi-Lied.
«Gloria!» ist ein Film, der ein gutes Gefühl hinterlässt. Am Ende sehen wir Fahrende (Frauen) auf dem Weg in die Schweiz. Ein Land der Hoffnung? Wenn das kein Fingerzeig ist …
Italien/Schweiz 2024
105 Minuten
Regie: Margherita Vicario
Buch: Vicario und Anita Rivarolli
Kamera: GianlucaPalma
Ensemble: Galatéa Bellugi, Carlotta Gamba, Maria Vittoria Dallastra, Sara Mafodda, Veronica Lucchesi, Paolo Rossi
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